Rombachs Finanztipps

Börsen in Panik und wie Sie sich als Anleger verhalten sollten

Als Kolumnist „Börsebius“ erhalte ich immer viele Fragen rund ums Geld. Die interessanteste schafft es dann zur „Börsenfrage“ der Woche.

Ich gebe zu, daß mir die aktuelle Situation ziemlich nahe geht. Aber das geht, wie ich höre und lese, sehr vielen Menschen so. Und es ist sowieso nicht einfach, eine Kolumne zu schreiben, bei der man nicht weiß, hält das die nächsten Stunden inhaltlich oder ist das ein paar Tage später alles schon wieder Makulatur. Gleichwohl erwarten meine Leserinnen und Leser eine Orientierung und deswegen schreibe ich heute diese Kolumne so, wie ich sie schreibe: mit ganzem Herzen und so gut ich kann. 

Nicht nur Politiker, auch Börsianer müssen sich mit neuen Wahrheiten vertraut machen. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, daß Nordstream 2 heute ernsthaft die Insolvenz droht und die Inflation, von der die EZB glaubte, sie sei nur vorübergehend, nun als Alptraum zurückkehrt und voraussichtlich noch lange auf sehr hohem Niveau verharren wird. Das ist eben auch eine Folge der – sehr berechtigten – Sanktionen.

In Deutschland ist die Teuerungsrate im letzten Monat auf 5,5 Prozent geklettert und da sind noch nicht einmal die Folgen der Sanktionen  eingerechnet, die die Inflation weiter nach oben treiben wird. Für die EZB wird die Lage somit immer dramatischer. Der Krieg verhindert zunächst einmal die angestrebte Normalisierung der Geldpolitik. So wenig die EZB gegen steigende Energiepreise ausrichten kann, so ist sie doch gezwungen, ihren ureigensten Auftrag der Inflationsbekämpfung nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch aktiv umzusetzen. Ein Teufelskreis, dem nur entgangen werden kann, wenn der Krieg in der Ukraine beendet wird und das möglichst bald. Ein frommer Wusch, zugegeben. 

Wo wird der DAX in einer Woche, in einem Monat, am Ende des Jahres stehen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Viel hängt vom weiteren Verlauf des Ukraine Krieges ab und ob er regional begrenzt bleibt. Ein DAX unter 10.000 Punkten ist durchaus möglich. Sicher werden wir es  in nächster Zeit mit stark schwankenden Notierungen zu tun haben und es werden auch börsennotierte Gesellschafter in Schwierigkeiten kommen bis hin zu möglichen Insolvenzen an die wir heute noch gar nicht denken. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, daß – so schlimm sich das jetzt anhört – der Krieg in der Ukraine die Weltwirtschaft nicht zu sehr belastet. Wohl aber eine Ausweitung des Konfliktes. 

Was tun?

Wie auch immer sich die Kurse entwickeln: Panik ist der schlechteste Ratgeber ever. Sie sollten sich also nicht dazu verleiten lassen, alle Werte aus dem Depot rauszuhauen, egal, was drin ist.

Wahr ist aber schon, daß Sie sich genauer anschauen, welche Werte sich denn so im Portfolio angesammelt haben und ob nicht der eine oder andere Titel raus muss. Wenn sie denn in der aktuellen Situation überhaupt veräußerbar sind. Russische Aktien sind derzeit ohnehin nicht handelbar. Aber auch einige Fonds mit Schwerpunkt Russland und Osteuropa. So hat die Fondsgesellschaft Union Investment die Anteilspreisfeststellung des „UniEM Osteuropa“ eingestellt und auch Blackrock hat seinen Fonds „Emerging Europe“ eingefroren. 

ETF systemisches Risiko

Vor allen Dingen sollten Sie sich jeden ETF in Ihrem Depot anschauen. Sie wissen ja, daß ich sowieso kein Freund von Indexfonds bin. Das systemische Risiko vor allem bei nicht physisch replizierenden ETF halte ich derzeit für ziemlich massiv. 

Aber auch bei physisch replizierenden ETF sollte genau hingeschaut werden, weil die in aller Regel ihre Aktien weiterverliehen haben und sie im Zweifel sich die Papiere nicht mehr zurückholen können.  Ehrlich: Ich würde mich lieber heute als morgen von solchen Papieren trennen. Wenn es denn noch eines Beweises für meine Behauptung bedurfte: Der ETF Preis für den „iShares MSCI Russia notierte vor zwei Wochen noch bei 140 Euro. Zum Märzbeginn lag die Notiz bei 43 Euro, aktuell bei  bei 30 Euro. 

Kleiner Funken Hoffnung

Ich wage es aber auch kaum auszusprechen: Wenn Putin sich morgen besinnt oder aufgrund der harschen Sanktionen gezwungen wird, sich zu besinnen, und der Krieg dann zu Ende wäre, würde der DAX alle erlittenen Verluste schnell wieder aufholen. 

Aber das scheint mir im Moment mehr Traum denn Realität zu sein.  

Aber einen Funken Hoffnung habe ich doch noch. Vor allem die Menschen in der Ukraine haben ihn verdient. 

Und zum Schmunzeln noch mein „Knallbonbon der Woche“ 

Käpt´n Iglo fährt nicht wirklich Schiffe, wer hätte das gedacht, sondern macht Werbung für Fischstäbchen, die sein Arbeitgeber Iglo vor allem Kindern auf den Teller bringen will.  

Es gibt aber noch einen ähnlich aussehenden Fahrensmann, der Dosenheringe anpreist, Käpt´n Appel heißt der Kerl. 

Nun musste jüngst das OLG München entscheiden, daß Käpt`n Appel das darf, weil kein normal denkender Dosenheringe mit Fischstäbchen verwechseln würde. Kinder gleich gar nicht und wehe den Eltern, die derart Verruchtes probierten.

Sogar beim Streit um den berühmten Goldhasen von Lindt musste der BGH im letzten Jahr entscheiden, wer bimmeln darf und in welchem Goldton. Schon krass, welche Sorgen manche haben.  

Von Kreditinstituten, die sich ihre Werbesprüche um die Ohren schlagen, hat man dagegen bislang wenig bis gar nichts gehört.

Warum?
Das hat zum einen damit zu tun, daß ein Mensch im Anzug und Krawatte als eigenständige Marketing-Ikone keine Chance hat gegen einen bärtigen Käpt´n Iglo oder einen süßen bimmelnden Goldhasen. 

Das hängt aber auch mit den Werbeaussagen in Gelddingen selbst zusammen.  

So Vertrauen besoffen die Werbesprüche der Banken sind, so unterschiedlich sind sie doch. Die Bank an Ihrer Seite. Wir machen den Weg frei. Vertrauen ist der Anfang von allem. 

Glaubt sowieso keiner.

Liebe Abonnenten des Bilderbogen: Falls Sie auch eine Frage rund ums Geld haben, immer zu. Schreiben Sie an rombach@derboersebius.de 

Ich freue mich. 

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin Ihnen ebenso verbunden. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“ 

Unser Gastkommentator Reinhold Rombach ist einer der bekanntesten Börsenexperten Deutschlands und lebt schon lange in Rodenkirchen. Er beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit börsennotierten Gesellschaften, mit Aktien und Fonds, analysiert ihre Stärken und Schwächen. Seine Meinung über Geld&Börsen veröffentlichte er früher als Kolumnist in der Zeit (aber auch in der Wirtschaftswoche und der Süddeutschen Zeitung) und mehr als ein Vierteljahrhundert im Deutschen Ärzteblatt als „Börsebius“. Seine Fans nennen ihn aber auch den „Kostolany vom Rhein“ oder das „Kölsche Orakel“.  Rombach´s spannende wöchentliche Kolumnen und eine Aktien-TopTen-Masterliste erscheinen im Web unter www.derboersebius.de