Der neue SIMPLICISSIMUS – Satire für die Bonner Republik

Eine Sonderausstellung mit Rahmenprogramm, Führungen, Vortrag und einer Filmpräsentation sowie Workshops für Kinder und Erwachsene

Wie ein Phönix aus der Asche erscheint im Nachkriegsdeutschland die Wochenzeitschrift SIMPLICISSIMUS neu und liefert in Wort und Bild kritische Kommentare und vergnügliche Glossen zu Sitten und Unsitten, Hoffnungen und Ängsten der jungen Bundesrepublik.

Das Käthe Kollwitz Museum Köln widmet dem bekanntesten Satireblatt der Wirtschaftswunderjahre bis 3. Oktober eine Sonderausstellung. Titelblätter, Zeichnungen und originale Lithographien aus den Jahren 1954 bis 1967 entführen in eine noch gar nicht so lang vergangene Epoche – und weisen auf Parallelen zum heutigen Weltgeschehen.

Schon im Wilhelminischen Kaiserreich nahm der SIMPLICISSIMUS mit Witz und Schärfe politisch-gesellschaftliche Missstände aufs Korn. Manchen galt die Zeitschrift mit dem bissigen Wappentier, der roten Bulldogge, sogar als die „einzige echte Opposition“ jener Epoche. Zu den Künstlern, die damals Bildmotive beitrugen, zählt auch Käthe Kollwitz (1867–1945).

Nach dem Ersten Weltkrieg ist das Blatt jedoch wechselhaften Schicksalen unterworfen: Gleichgeschaltet und gezähmt geht der SIMPLICISSIMUS im September 1944 schließlich an banaler Papierknappheit zugrunde.

Der rote Hund beißt wieder zu: In den 1950er Jahren – zur Zeit des Kalten Krieges, der deutschen Teilung und des Wirtschaftswunders – lässt eine frische Riege von Journalisten die kritische Tradition unter dem berühmten Titel wiederaufleben. Bevorzugtes Ziel: die Protagonisten des Ost-West-Konflikts und die Politik Konrad Adenauers in europäischen und in innerdeutschen Fragen. Aber auch der »deutsche Michel« selbst muss sich Schmähkritik gefallen lassen.

Wiederum sind es vor allem die Zeichner, die dem Blatt ein prägnantes Gesicht verleihen – sowohl bereits bekannte Matadore wie A. Paul Weber (1893–1980), aber auch neue Künstler wie Hanns Erich Köhler (1905– 1983) oder H.M.-Brockmann (1912–1968) liefern Beiträge mit Biss. Erneut heißt es Angriff! Bald schon wird die rote Dogge von Politikern und anderen Spitzen der Gesellschaft wieder gefürchtet – und von seinen Leserinnen und Lesern gefeiert. Beim Blick in den satirischen Zerr-Spiegel jener Jahre erscheinen die alten sozialkritischen Themen und politischen Spannungen vor dem Hintergrund gegenwärtiger Entwicklungen erschreckend aktuell.

Hanns Erich Köhler: „Dynastie Adenauer ausgerufen“. Simplicissimus Jahrgang 1955, Nr.14. c: Käthe Kollwitz Museum Köln.

Th. Th. Heine, Die rote Bulldogge, das Wappentier des Simplicissimus, entworfen 1896. C: Käthe Kollwitz Museum Köln.