Interview | „Face-to-Face ist einfach unschlagbar“

Berufsorientierungsmessen bieten Schülern einen guten Einstieg in die Arbeitswelt

Die Studien- und Berufswahl beschert Schülern wie Eltern oft schlaflose Nächte. Diplom-Pädagogin, Coach und Berufsberaterin Miriam Faust weiß, wie und wo Schulabgänger sich für ihren Berufsweg orientieren können.

Berufswahl – oh mein Gott! Was geht da in den Köpfen der Schüler vor? Und wie ticken Eltern in dieser Phase?

Miriam Faust: Schüler und Eltern stehen unter Strom, hinter dem sich bei beiden die Unsicherheit verbirgt. Bei den Schülern ist es vorrangig die Angst, sich unter der enormen Auswahl an Studiengängen und Ausbildungen entscheiden zu müssen. Die Eltern stehen vor dem Dilemma der Ambivalenz ihrer Rolle: Sie müssen die Spannung aushalten zwischen elterlicher Lenkung und jugendlicher Autonomie.

Wie sieht die Lage auf dem Arbeitsmarkt aus?

Miriam Faust: Die gute Nachricht: Qualifizierte Arbeitskräfte sind gefragt wie nie. Arbeitgeber investieren daher viel Zeit und Geld in die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte. Dennoch sind Schulabgänger gut beraten, wenn sie potenzielle spätere Arbeitgeber intensiv und am besten auch persönlich kennenlernen, bevor sie sich entscheiden.

Also Kennenlerntermine machen und durch die Republik reisen?

Miriam Faust: Das ist Gott sei Dank nicht nötig. Auf Aktionstagen sowie Berufsinformationsmessen können sich Interessenten face-to-face über die Möglichkeiten im Unternehmen informieren und sich im besten Falle sogar schon für ein weiteres Gespräch verabreden. Solch ein persönlicher Erstkontakt ist einfach unschlagbar.

Face-to-Face statt WhatsApp – ist das zeitgemäß?

Miriam Faust: Jobmessen sind ein Treffen auf Augenhöhe. Potenzielle Bewerber und Unternehmen finden hier direkt zueinander. Und wen man einmal persönlich kennengelernt hat, der bleibt nachhaltiger im Gedächtnis als ein reiner Online-Bewerber.

Haben Personaler auf Messen überhaupt Zeit für das persönliche Gespräch?

Miriam Faust: Mehr denn je. Jobmessen eröffnen nicht nur Schülern, sondern auch Unternehmen echte Chancen: Sie können in einem schwierigen Arbeitsmarkt gute neue Leute gewinnen. Viele Unternehmen nutzen daher auf lokalen Messen die Möglichkeit, die aus der Region stammenden Schüler kennenzulernen und sie für den Konzern zu begeistern. Schulabgänger können sich auf solchen Veranstaltungen also den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Bewerbern sichern.

Gibt es derzeit echte Trend-Berufswünsche?

Miriam Faust: Sie denken jetzt bestimmt an Youtube-Star oder Profi-Gamer – tatsächlich zeichnet sich bei den Jugendlichen jedoch der Trend ab, „irgendetwas mit Nachhaltigkeit“ zu studieren. Diese Orientierung resultiert aus den unterschiedlichsten Berufswünschen; sei es ressourcenschonende Technologien zu entwickeln, gesellschaftliche Interessen zu verfolgen, die Umwelt nachhaltig zu schützen oder Technik in dem Bereich einzusetzen. Auch die Digitalisierung ist bei den Schülern angekommen – ein Beruf rund um IT steht voll im Trend. Aber: Der alte neue Trend ist und bleibt der Klassiker BWL.

Bei welchen Jobwünschen raten Sie zum gründlichen Überdenken?

Miriam Faust: Überdenken ist das falsche Wort. Die Zeit der Berufsorientierung soll frei von Bewertungen und Ratschlägen sein. Schafft es ein Jugendlicher, eigene Werte und Wünsche zu formulieren, seine eigene Landkarte zu erforschen und ein Zukunftsskript mit einem realistischen und motivierenden Ziel zu entwickeln, ist das die Basis für Offenheit und Mut, Neues anzugehen. Diesen Mut braucht ein junger Mensch, um Entscheidungen treffen zu können. Ich rate also nicht zum Überdenken – ich stelle als Coach die richtigen Fragen, damit der Schüler sich seinen Jobwunsch selbst „gründlich überlegt“.

Einstieg Köln 2020

  • Termin: 31. Januar/1. Februar 2020, Fr. 9–16 Uhr, Sa. 10–16 Uhr
  • Zielgruppe: Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren, Studienwechsler, Lehrkräfte und Eltern
  • Ort: Koelnmesse, Eingang Nord, Halle 7
  • Eintritt: 5 Euro; großzügiges Freikartenkontingent für Samstag
  • Schirmherrschaft: Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung
  • Besucher-Infos: www.einstieg.com/koeln