UMFRAGE: Grüne wollen die Hauptstraße als Einbahnstraße

Aufstand im Veedel – Geschäftsleute protestieren massiv

Da ging aber ein Aufschrei durch das Rodenkirchener Veedel: Um die Hauptstraße in Rodenkirchen ab dem Verkehrskreisel in Richtung Innenstadt zu entlasten, soll nach den Vorstellungen der Grünen im Stadtbezirk die Hauptverkehrsachse durch den kommerziellen Ortskern in eine Einbahnstraße umgewandelt werden. Die Bezirkspolitiker versprechen sich dadurch eine Aufwertung des Ortszentrums, die Förderung des Radverkehrs und eine Entspannung für Fußgänger. Ein entsprechender Antrag, der auf der Tagesordnung der letzten Sitzung  stand, wurde auf Wunsch der anderen Parteien zunächst einmal zurückgestellt.

Viele Rodenkirchener Einzelhändler und ihr Personal waren am ersten Juni-Freitag zum Protest gekommen und stellten sich auch mal auf dem Kreisel auf. Foto: Thielen.

Dieser Eingriff in den Verkehr ist auch wirklich zu massiv, um mal so eben durch die politischen Gremien gepeitscht zu werden. Der Protest folgte auf dem Fuß. Die Aktionsgemeinschaft Treffpunkt Rodenkirchen machte gleich mobil, viele Mitglieder trafen sich am ersten Juni-Freitag auf dem Kreisel (siehe Foto). Sie wollen das lebendige, gut strukturierte „Dorf“ erhalten, nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Bewohner von Weiß, Sürth und Godorf, wo der Einzelhandel schon stark gelitten hat.

In den fast fünf Jahrzehnten meiner Begleitung des lokalpolitischen Geschehens sind Einführungen von Einbahnstraße schon allein deshalb abgelehnt worden, weil sie den Verkehr schneller machen. Der normale Autofahrer fährt automatisch rund 20 km/h schneller, und das wird auch der gegenseitige Radweg auf der anderen Spur nichts dran ändern. Die Einzelhändler erinnern daran, dass dann auch der ÖPNV, im Einzelnen sind das drei verschiedene Buslinien, in einer Richtung auch nicht mehr durch den Ortskern fahren können. Sie befürchten, dass der Einzelhandel im Ort noch mehr leidet als bisher, dass genervte Pendler nicht mehr im „Dorf“ kaufen, die Fremden aus dem Umland und vor allem die Marienburger nicht mehr nach Rodenkirchen kommen. Ein Vorstandsmitglied vom „Treffpunkt“ konkretisiert: „Rodenkirchen zieht viele ältere Kunden an, die auf ihr Auto angewiesen sind. Und außerdem ist unser Veedel einzigartig. Unser Dorf hat ein überregionales Einzugsgebiet, das nicht nur den täglichen Bedarf abdeckt. Unsere Veedel sind auch durch die außergewöhnlich gut strukturierten kleinen Händler geprägt – es gilt, dem Veedel und seinen Menschen keine weiteren Steine in den Weg zu legen!“

Zum Schluss drei Meinungen von einer engagierten Einzelhändlerin, einer langjährigen Einzelhandelskauffrau und einem langjährigen Lokaljournalisten.

Absolute Schnapsidee

Sandra Kehrl. Foto: Privat.

„Die Absicht der Grünen zu einer Einbahnstraße ist aktuell eine absolute Schnapsidee. Ohne eine echte Prüfung und Simulation, wie die Verkehrslage im Ort auswirken wird wenn sie zu einer Einbahnstraße, darf man diese wichtige Achse nicht derartig beeinträchtigen.  Insbesondere durch die kommende Baustelle am Rathaus wird der Verkehr in Rodenkirchen vermutlich eh zusammenbrechen. Einzelhandel vor Ort ist derzeit schwierig genug – mit der Einbahnstraße würden wir viele Kunden verlieren, die auf das Auto angewiesen sind!“ – Sandra Kehrl, Modegeschäft AIDA im Sommershof

Vorschlag zur Unzeit

Wolfgang Behrendt. Foto: Broch.

Wolfgang Behrendt, Vorsitzender vom Treffpunkt Rodenkirchen und der Bürgervereinigung Rodenkirchen: „Prinzipiell halte ich eine Neuregelung des Verkehrs im Großraum Rodenkirchen für absolut notwendig. Wir Rodenkirchener warten schon seit mehreren Jahrzehnten auf das umfassende Verkehrskonzept Kölner Süden. Dieses Verkehrskonzept muss alle Arten der Mobilität berücksichtigen. Auch notwendige Regelungen für Punkte wie z.B. Stellplätze für Lastenräder und Lademöglichkeiten für E-Autos sind dringend zu lösen. Der Schnellschuss, der jetzt geprüft werden soll, kommt zu einer Unzeit. Wir stehen kurz vor dem Anriss des Rathauses, der die Verkehrssituation für alle Verkehrsteilnehmer deutlich negativ beeinflussen wird. Die angestrebte Idee, von der die Öffentlichkeit meines Wissens nach noch nicht in Kenntnis gesetzt wurde, erzeugt eine Verkehrsverdrängung in die umliegenden Straßen. Das kann nicht das Ergebnis sein, wenn man die Verkehrsströme besser gestalten möchte. Wünschenswert für die Verbesserung des Radverkehrs wäre, wenn der schon lange erkannte Missstand des Leinpfades, vor allem zwischen Treppchen und Brücke endlich beseitigt würde.” – Wolfgang Behrendt, gebürtiger Rodenkirchener Bürger und Juwelier von der Maternusstraße.

Bewohner von Nebenstraßen werden leiden

Meiner Meinung nach ist das Ganze ein „grüner Schnellschuss“, nicht zu Ende überlegt.

Ich erinnere mich an die Zeit, als die Stadt damals den Unterbuschweg zugemacht hat:  da haben sich die Geschäftsleute in Sürth gefragt, warum ihre Kunden aus dem Hahnwald ausbleiben? Menschen reagieren so. Da werden auch die Grünen nichts ändern.

Außerdem leiden unter solchen „verkehrsberuhigenden Maßnahmen“ die Anwohner von Nebenstraßen. Zum Beispiel die vom Nibelungenweg. Die beklagen sich ja heute schon über viel Verkehr.

Helmut Thielen. Foto: Rieger.

Ganz schlimm wird es meine Nachbarn auf der Adamstraße treffen. Dass es nicht wie ganz früher wieder einen Linksabbieger von der Brückenstraße in die Maternusstraße gibt, wurde stets mit dem Argument abgelehnt, dass man das der „vorsintflutlichen Ampelschaltung“  an der Kreuzung vor dem Bahnhof zu verdanken hat. Wenn zwei Bahnen zugleich oder kurz hintereinander den Rodenkirchener Bahnhof anfahren, geht die Warteschlange auf der Maternusstraße ja heute schon bis zum Maternusplatz. Wenn da jetzt noch eine (auf jeden Fall) nötige Linksabbiegerphase hinzukäme!?!

Diese Ampelphase wird es nicht geben. Und deshalb werden alle Verkehrsteilnehme, die die Einbahnstraße „Brückenstraße“ in Richtung Süden nehmen, den Weg auf die Hauptstraße durch die Adamstraße nehmen. Ist ja eigentlich eine Anliegerstraße. Aber das kümmert Autofahrer nicht. Wahrscheinlich werde ich demnächst, wenn die Grünen ihre Pläne durchsetzen und mein Gegenüber in der Adamstraße mich fragt, wie ich denn auf die andere Straßenseite gekommen bin, antworten: „Ich bin hier geboren!“

Helmut Thielen, wohnt seit über 40 Jahren in der Adamstraße.