„Fahren ohne gültigen Fahrausweis“ statt „Schwarzfahrern“: Immer mehr Verkehrsbetriebe in deutschen Großstädten wie in Berlin und München verzichten auf den Begriff „Schwarzfahren“ und ersetzen ihn durch neutrale Formulierungen. „Auch Hinweise wie „Schwarzfahren kostet 60 Euro“ soll man in Zukunft dort in Bahnen und Bussen nicht mehr sehen. Das soll einer möglichen Rassismusdebatte vorbeugen, man setzte auf eine zeitgemäßere Kommunikation, heißt es von Seiten der Verkehrsbetriebe. Auch von der KVB war zu lesen, dass sie sich in Veröffentlichungen um neutrale Formulierungen bemühe. Auf ihrer Website ist allerdings noch von „Schwarzfahren“ Rede. Bei den Bürgern sorgt das Streichen des Wortes für gespaltene Reaktionen: Die einen finden die neue Sprachreglung völlig überzogen, die anderen begrüßen einen sensibleren Umgang mit Sprache.
Wir fragen Sie:
UMFRAGE: Wie stehen Sie dazu, soll man den Begriff „Schwarzfahren“ abschaffen? Und wodurch könnte er ersetzt werden?
Es ist wichtig und richtig, dass Sprache sich entwickelt und ändert. Wenn es Wörter gibt, durch die Menschen beleidigt, diskriminiert und verhöhnt werden, müssen wir das gemeinsam ändern oder verhindern.
Will ein Verkehrsbetrieb den Begriff „schwarzfahren“ durch den Hinweis ersetzen, dass Mitfahren ohne gültigen Fahrschein verboten ist, finde ich das in Ordnung.
Das kann man ohne Aufsehen erledigen, und der Begriff, den man als rassistisch interpretieren könnte, würde in Bussen und Bahnen stickum verschwinden.
Wenn man das aber an die große Glocke hängt und damit eine Rassismusdebatte provoziert, frage ich mich, von welchen Themen das Ganze ablenken soll.
Schlägt man nämlich nach, woher der Begriff „schwarzfahren“ kommt, erfährt man, dass sich das Wort aus verbotenen Aktivitäten ableitet, die in der „Schwärze” als Synonym für „Dunkelheit“ stattfinden. Schwarzarbeit, Schwarzbrennerei, Schwarzhandel und ähnliches. Ich habe auch gelesen, dass es im Jiddischen den Begriff „shvarz“ gibt und dass er „arm” bedeutet, daraus soll sich das Wort „Schwarzfahrer” im Sinne von „Armfahrer“ – jemand, der kein Geld für eine Fahrkarte hat – ableiten.
Umgangssprachliches wie “Schwarzfahren” ist fest im deutschen Sprachgebrauch verankert und besitzt seine Wurzeln in unserer gelebten Vergangenheit. Ich kann in diesem jedermann – pardon: und jederfrau – gebräuchlichen Begriff nicht die kleinste Andeutung einer diskriminierenden, rassistisch motivierten Äußerung empfinden. Wer es anders mag, der kann ja auf ein gepflegtes (steriles) Hochdeutsch ausweichen: “Fahren ohne…”. Die derzeitige Rassismus-Diskussion halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für maßlos überzogen. Wir haben andere, größere gesellschaftliche Problem zu bewältigen. Das meint ein Ex-Deutschlehrer.
Als Kind habe ich oft zu hören bekommen „Röschen, geh nicht in den Keller! Dort ist der böse schwarze Mann und der frisst dich auf!“ Da wurde mir als Kind suggeriert, dass schwarz etwas Negatives sei. Fünfzig Jahre später assoziieren wir schwarz immer noch mit etwas Negativem und das ist furchtbar!
Schwarzes Schaf, Schwarzarbeit, Schwarzer Hautkrebs, Schwarzer Tag, Schwarzmarkt, sich ärgern, bis man schwarz wird, schwarzer Tod, schwarzer Humor, schwarzsehen. Ergo: Schwarz ist negativ, schlecht und böse. Vorschlag: tauschen wir mal die Farben aus, schwarz = gut, weiß = schlecht: „Krimineller Ring von Weißarbeitern festgenommen!“, „Betrüger verkaufen Corona-Impfpässe auf dem Weißmarkt“, „Das weiße Schaf der Familie.“ Ganz schön schräg, oder?
Nehmen wir mal an, dass wir weiße Menschen aus Europa fliehen müssen und in einem Land landen, welches zu 98 Prozent von schwarzen Menschen bewohnt ist und stellen dort tagtäglich fest, dass die Farbe Weiß, mit Bösem, Schlechtem und mit Kriminalität verbunden wird. Wie würden wir uns dort dann fühlen? Wie wird sich eine schwarze Person fühlen, wenn sie bei uns in Köln in Bussen und Bahnen auf einem Aufkleber zu lesen bekommt „60 Euro Strafe! Finstere Aussichten für Schwarzfahrer“.
Darüber machen wir uns einfach zu wenig Gedanken und das ist Alltagsrassismus! Wir müssen unsere Sprache sensibilisieren und öfter mal in die Lage der anderen schlüpfen.
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